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Pferdetherapie

Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag heißt es für etwa 8 Kinder und 4 Betreuer: Auf zur Pferdetherapie! Genauso wie die Kinder wechseln auch die Betreuer und an diesem Dienstag war ich an der Reihe. Wir holten also die Kinder aus den einzelnen Gruppen ab und alle stiegen in den gelben Kleinbus. Auf dem Dach befestigte ich die beiden Rollstühle mit einem Seil. Nach wie vor etwas in deutschem Sicherheitsdenken befangen, äußerte ich Jonas gegenüber meine Sorge, ob auch alles halten werde. Jonas beruhigte mich schon nach wenigen Metern: Ansonsten würde man die Rollstühle übers Dach rutschen hören. Verkehr und Kinder machten zwar rechts und links von uns einen ziemlichen Lärm, aber über uns war es schön still.

Also lehnte ich mich zurück und schaute raus ins bunte Treiben: Pickups mit Ladeflächen voller Früchte; Busse, aus denen noch im Fahren Menschen ein- oder aussteigen, während gleichzeitig laut die Haltestellen der Strecke ausgerufen werden. Dicke Jeeps, die sich links wie rechts überholend ihren Weg bahnen und voll beladene Lastwagen, die langsam einen der vielen Berge hochschnaufen. An den Ampeln Jongleure und fliegende Händler, die Trauben, Mangos oder auch Handtücher verkaufen. Das alltägliche Straßenbild versetzte mich erneut in Staunen, während mir der Fahrtwind durch die Haare blies und wir die Stadt langsam hinter uns ließen.

Unser Fahrtziel lag kurz hinter der „Mitad del Mundo“, wie das Äquator-Denkmal hier genannt wird. Für ein paar Stunden würde ich also wieder auf der Nordhalbkugel sein! Wir waren uns jedoch nicht ganz sicher, wann wir die magische Linie nun tatsächlich überquert hatten, bietet doch das Denkmal nur einen ungefähren Anhaltspunkt, da es etwa 200m zu weit südlich steht. Die letzten Meter zum Hof führten über eine Schotterpiste. Etwas durchgeschüttelt stiegen wir aus und ich löste die absolut übertriebenen Knoten auf dem Dach.

Angefangen mit den kleinsten (3-5 Jahre) durften nun alle Kinder einige Runden auf dem Pferd reiten. Die ersten Runden absolvierte Jonas, der schon mehr Erfahrung hat, während ich auf die anderen Kinder aufpasste. David, ein Autist, war nur schwer davon zu überzeugen, dass er noch warten müsse, bevor er zum Pferd laufen dürfe. Ich nahm ihn auf den Schoß, was ihm zunächst zu gefallen schien. Auf Dauer war ihm das aber zu langweilig, immer wieder stand er auf und einmal zog er sich aus.

Zu meiner eigenen Überraschung war aber nicht er, sondern ich der Nächste, der auf das Pferd klettern würde! Immerhin war ich nicht alleine, vor mir saß nämlich Kevin. Mit der einen Hand krallte ich mich in der Mähne fest, mit der anderen hielt ich Kevin fest. Ich glaube, dass Kevin unsere 6 Runden mehr genoss als ich, wenn ich auch sagen muss, dass ich in der letzten Runde kaum noch Angst hatte vom Pferd zu fallen. Meine erste Reiterfahrung war also ein voller Erfolg! Dennoch zog ich es vor, die restlichen Runden nebenher zu laufen und die Kinder von unten zu stützen. Das hatte zwei entscheidende Vorteile: Ich war viel entspannter (1.) und konnte mich deshalb auch mehr auf die Kinder konzentrieren (2.). Den Effekt des Reitens zu beobachten war sehr interessant: Vorher nervöse Kinder wurden deutlich ruhiger. Auch konnte man deutlich merken, wie sich verkrampfte Muskeln lösten.

Nachdem alle Fundacións-Kinder an der Reihe gewesen waren, drehten wir noch einige Runden mit anderen Kindern, die zufällig auch da waren. Wie sich herausstellte, mussten sie auch mit zurück in die Stadt und es war schnell eine ausgemachte Sache, dass wir sie mitnehmen würden. Das stellte uns beim Einsteigen vor eine mittlere Herausforderung. Schon wurde ernsthaft erwogen, das Dach nicht nur für die Rollstühle zu nutzen. Schließlich passten jedoch alle 20 Leute in den Innenraum und wir machten uns auf den Heimweg. Eine Polizeikontrolle passierten wir in aller Seelenruhe, tatsächlich zeigte unser Fahrer Eduardo bis auf die Nachfrage, ob wir alle gut sitzen würden, nicht einmal einen Anflug von Nervosität. Rechtzeitig zum Mittagessen waren wir wieder in der Fundación, was nicht zuletzt meinen deutlich vereinfachten Knoten zu verdanken war!

Eine Reaktion zu “Pferdetherapie”

  1. Julia

    Max, Du naturentfremdeter Stadtmensch! Wer hätte gedacht, dass Du Dich mal auf einen feurigen Mustang schwingst?! Bald gehst Du wohl noch “Holz machen” und knabberst an saftigen Blättern! Weiter so!

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